Thema mit Variationen
Peter McClennans "American Still Life"


Die Bewohner sind längst ausgezogen. Jahre, Jahrzehnte waren die "American Housings" kleine, urbane Inseln, inmitten eines fremden Landes, einer fremden Stadt, exterritoriale Zonen, in denen das Leben der Bewohner einen eigenen, von der Umgebung weitgehend isolierten und somit kaum wahrgenommenen Gang nahm. Nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte lagen diese Siedlungen zunächst weitgehend brach, und wer zu jener Zeit die einst umzäunten Areale aufsuchte, dem mochten sie beinahe wie Ruinenfelder erscheinen: Stille, dem Verfall preisgegebene Zeugnisse einer scheinbar längst vergangenen Zeit, in denen die Natur sich langsam, aber beharrlich zurückholt, was ihr der Mensch einst abgetrotzt hatte.

Schon vor einigen Jahren hat der 1952 in Ohio geborene und seit geraumer Zeit in Frankfurt lebende Fotograf Peter McClennan damit begonnen, diese Orte aufzusuchen und jenen den Betrachter unmittelbar berührenden Augenblick zwischen trotziger Behauptung und langsamem Verschwinden festzuhalten. Doch mit "American Still Life", so der Titel der aktuellen Serie, die in den zum Abbruch bestimmten Siedlungen buchstäblich Zeichen setzende Tags jugendlicher Sprayer fokussiert, geht der Künstler einen entscheidenden Schritt weiter. Zwar schließt McClennan mit den im Laufe eines Jahres und mithin im Wechsel der Jahreszeiten entstandenen Folge an frühere Serien wie die "Displaced Portraits" und sein "American Housing"-Projekt an.

Dass McClennan für die aktuelle Serie erstmals mit einer Digitalkamera fotografiert hat, schlägt sich indes in einem sichtlich direkteren, unmittelbareren Zugang zu seinen Motiven nieder. Die Wirkung ist frappierend. Denn was in Anbetracht seiner immer schon von malerischer Schönheit durchwirkten Landschaften seit jeher zu ahnen war, ist angesichts von "American Still Life" schlechterdings nicht zu übersehen: Jenseits der Motive tastet sich McClennans Blick entlang an malerischen Fragen und fokussiert nicht zuletzt das graphisch zu nennende Zusammenspiel von Linien, Flächen und Strukturen: Nicht wenige der aktuellen Aufnahmen sind bei genauerer Betrachtung nahezu abstrakt, wiewohl wir jede Einzelheit erkennen.